Zukunftsaussichten einer Seniorin


3.11.2022


Neulich wurde ich auf eine Veranstaltungsreihe „Gesundheit im Alter (in der zweiten Lebenshälfte)“ aufmerksam gemacht. Das war mal mein Thema aus dem mehr kreativen und psychologischen Blickwinkel.

Aber ich habe jeden Bezug zu dem Thema verloren. Jetzt weiß ich nicht mehr ab wann man alt ist und ob es überhaupt eine Frage ist, wie man diese Phase des Lebens gestaltet. Früher habe ich gedacht, dass man eher von der dritten und vierten Lebensphase reden sollte und habe die „zweite Lebenshälfte“ mehr bei den Vierzig- bis Sechzigjährigen gesehen. Alles falsch.

Wenn ich auf wichtige politische Akteure schaue, werde ich eines besseren belehrt. Fangen wir mal bei Nancy Pelosi, der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, an. Sie ist 82 Jahre alt und hat erst kürzlich eine Reise nach Taiwan unternommen und mal eben so ein bisschen dem Konflikt zwischen China und Taiwan Futter gegeben. Trump, als nächster, überlegt sich, sich 2024 zur Wahl zum Präsidenten zu stellen. Dann wäre er 78 Jahre alt und würde seine Amtszeit mit 82 beschließen. Der aktuelle Präsident wird in diesem Monat 80 und amtiert noch 2 Jahre. Seine Zukunftspläne schließen nicht aus, sich noch einmal zur Wahl zu stellen, also mit 82 Jahren (plus 4 = 86).


Das Leben scheint also nicht mit 66 Jahren (Udo Jürgens) anzufangen, sondern erst so richtig, wenn man um die 80 ist.


Es ist gut, wenn man als älterer Mensch noch Ziele hat, also Zukunftspläne. Ich hatte schon darüber nachgedacht, ob ich in Anbetracht der problematischen Gegenwart, eine bessere Zukunft erleben werde. Aufgewachsen im Wirtschaftswunder, trifft es mich hart, jetzt den Untergang des Industriestandortes BRD zu erleben. So bin ich eher deprimiert und ohne Hoffnung und ohne Zukunftspläne.

Ich finde, dass ich auch einen guten Grund dafür habe. Alles was ich in meinem Leben gelernt habe und auch bei nur oberflächlichem politischem Interesse verinnerlicht habe, kehrt sich in sein Gegenteil. Statt Annäherung und gute Nachbarschaft (Brandt, Bahr) spricht der SPD-Vorsitzende Klingbeil jetzt von Fehlern, die gemacht wurden, blinden Flecken und Sicherheit und Schutz vor Russland, also von einem Konfrontationskurs, der natürlich auch Aufrüstung nach sich zieht. Nix mehr von Frieden und Frieden schaffen ohne Waffen. Es ist zum Heulen.

Es ist mir überhaupt nicht einsichtig, wie man zu so einer Haltung kommen kann. Aber ich verstehe so manches nicht. Wir werden geängstigt mit hohen, unbezahlbaren Gas- und Strompreisen, während gleichzeitig eine EU-Kommission beschließt, dass wir bis 2034 alle Stromautos fahren sollen. Wie kann man das heute beschließen, also noch mehr Stromverbrauch, wo wir doch gerade erleben, dass die Verbindung zu günstigem Gas und Strom gekappt wurde? Jetzt sollen die AKWs wieder angeschaltet werden? Wollten wir nicht den Ausstieg aus der Atomenergie? Plötzlich sind sie auch sicher und von kontaminiertem Abfall keine Rede. Aber da war doch was....?

AKWs liefern natürlich sauberen Strom. Damit schützen wir „das Klima“. Derweil wird das gesellschaftliche Klima extrem verschmutzt. Es ist von Spaltung die Rede, die selbstverständlich von der anderen Seite betrieben wird. Im Großen, wie im Kleinen. Wir sind die Guten und unsere amerikanischen Freunde sowieso und kämpfen gegen das Böse, den brutalen Aggressor, der während seiner gesamten Amtszeit nur von Freundschaft, guter Nachbarschaft spricht und sich Sicherheitsgarantien wünscht. Und blöderweise auch, dass man sich an Vereinbarungen hält.

Im Kleinen unterscheidet man zwischen den Guten und rechts. Alle, die nicht zu den Guten gezählt werden können, die Kritiker, dumme Fragensteller, Montagsspaziergänger, Demonstrationsteilnehmer sind rechts oder haben Kontakte zum rechten Meinungsspektrum und zu Rechtsextremisten und, nicht zu vergessen, sind Antisemiten.

Das hat Struktur.

Vor einigen Jahren habe ich noch über den Spruch von Volker Pispers geschmunzelt: ist der Feind erst bekannt, hat der Tag Struktur.

Für das gesellschaftliche Klima bedeutet es, dass man die Nicht-Guten mit Schmutz bewerfen darf, mit sehr üblem Schmutz. Auch wenn ich nicht persönlich beschimpft wurde, so fühle ich mich so, mein Umfeld betreffend, als ob ich verlassen wurde. Aber ich habe mich trotzdem auch persönlich getroffen gefühlt von dem, was Volksvertreter oder Prominente so von sich gaben. Der von mir mal geschätzte Ekkehardt von Hirschhausen findet z. B. die mit dem falschen Freiheitsverständnis zum Kotzen. Wie kann man so etwas sagen?

Aus Versehen habe ich mal eine Sendung auf FUNK von Mai Li Soundso gesehen, MaiThink X, von meinen Gebühren finanziert. Da hieß es „Heute zerstören wir die Homöopathie“. Welchen Anlass gibt es dazu? Ist sie gefährlich? Wenn ich dann lese, dass unser Gesundheitsminister Naturheilmittel aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen streichen will, dann kommt sie mir wie ein williger Helfer vor. Hier haben wir zwei Pharmalobbyisten, die die alternative Medizin auf breiter Ebene diskreditieren. Und damit auch die Menschen, die davon überzeugt sind. Die da, die anders denken und eine falsch verstandene Freiheit wollen.

Wie will man diese sich in alle Lebensbereiche hineindrängende Klimaverschmutzung beseitigen? Ich denke, gar nicht. Gerade beim Thema Klima wird es weitergehen. Andere Meinungen sind nicht zugelassen. Expertenräte werden dementsprechend besetzt und Wissenschaftler mit einer abweichenden Meinung sind keine Experten. Und nennt das dann „die Wissenschaft sagt“.

Das ist zum Kotzen.

Zukunftspläne? Ich bin ja noch jung, gerade mal 72. Vielleicht sollte ich zurück ins Arbeitsleben, nicht in meinen alten Beruf, eher etwas Neues, Minister oder Kanzlerin oder so, einen Beruf oder eine Position, wo ich jemanden wegen kriegstreiberischer Rede, z. B. „unseren“ Bundespräsidenten (den auch), absetzen könnte. Das wäre eine gute Zukunftsaussicht. Ehrlich. Vielleicht habe ich doch einen Zukunftsplan? Bis ich 80 bin habe ich ja noch etwas Zeit.