Struktur, gute Gewohnheiten und Lebenskunst
Mai 2019
Menschen, die aus dem aktiven Erwerbsleben ausscheiden, sollten, bei aller Freiheit, ihrem Leben eine Struktur geben. Was für eine schöne Empfehlung! Und so schwer umzusetzen! Ich dachte, dass ich erst einmal meine neue Freiheit leben möchte, es wirklich auskosten möchte, mich von der alltäglichen Pflicht zur Arbeit zu gehen, vollkommen befreit zu fühlen. Und dann wollte ich sehen, was eigentlich meine Bedürfnisse sind. Mal spazieren gehen, mal lesen, mal malen, wozu ich eben gerade Lust habe. Ein Weg, den man sich insbesondere als Single gut vorstellen kann.
Struktur ergibt sich über Gewohnheiten. Gerald Hüther, der Hirnforscher, hat mal in einem Vortrag gesagt, dass unser Gehirn sich nicht gerne anstrengt, zur Bequemlichkeit neigt oder positiver ausgedrückt, Energie spart. Handlung, die wir regelmäßig ausführen, entwickeln einen Automatismus und sinken ins Unterbewusstsein. Wie stark dieser Automatismus ist, konnte ich kürzlich sehr gut beobachten. Bei mir um die Ecke hat der Discounter sein Geschäft wegen eines großen Umbaus geschlossen und fünfhundert Meter weiter eine Art Zelt für den weiteren Verkauf aufgebaut. Trotz großformatiger Hinweise und Informationen, schon tagelang vor dem Umzug, konnte ich sehen, wie wirklich zahlreiche Autos am ersten Tag der Schließung noch auf den Parkplatz fuhren und verdutzt und ratlos erst einmal stehen blieben und offensichtlich nach einer „Umdenkphase“ wendeten und den richtigen Weg fuhren. Hätte mir auch passieren können. Mit meinen Gedanken beim Einkauf oder sonst irgendwo, hätte ich auch locker die Hinweise übersehen. Den Weg geht oder fährt man „automatisch“ und dann ist auch oft die Wahrnehmung eingeschränkt.
In meiner Siedlung haben die Wohnhäuser abwechselnd unterschiedliche Farben. Neulich kam ich mal auf die Idee, mich zu fragen, welche Farbe eigentlich mein Haus hat. Ich wusste es nicht.