Februar 2025


Mir reicht's!

Wo kann ich mich beschweren?


Obwohl auf meinem Briefkasten der Hinweis klebt „Bitte keine Werbung“, fand ich gestern darin ein schwarz-blaues (!) Faltblatt. Ich las: Wählen Ja. #AfDnee

Und dann die Anrede: Sehr geehrte Damen und Herren, Deutschland ist ein reiches Land mit einer stabilen Wirtschaft. Echt jetzt?

Noch mit Kopfschütteln beschäftigt, tauchte kurz bei mir die Frage auf, ob alle im Haus diese „Werbung“ bekommen haben oder ob jemand mich als einen potentiellen AfD-Wähler verdächtigt. Was weiß man noch. Schließlich bin ich nicht „geimpft“ und habe mich gleich zu Beginn der sogenannten Pandemie gewehrt eine Maske zu nähen (trotz der tollen YouTubeVideos).

Diese „Werbung“ versprach mir Faktenchecks und Quellenangaben, denn schließlich geht es ja nicht „gegen die da oben, sondern gegen dich“, also mich. Ich lerne also, dass die AfD vor allem die Steuern für die Reichsten senken will, was zu „Kürzungen bei öffentlichen Leistungen wie Straßenbau, Gesundheitsversorgung, Kitas, ÖPNV, Schulen“ führt. Ich käme mir jetzt dämlich vor, wenn ich darauf eingehen würde mit dem Hinweis, dass das schon lange geschieht ohne Regierungsbeteiligung der AfD.  Oder wenn ich fragen würde, welche Wirkung denn die Erhöhung der Rüstungsausgaben hätten. Von Dietrich Bonhoeffer (Über die Dummheit) weiß ich ja, dass man dummgemachten Menschen nicht mit Argumenten kommen sollte.

Ich finde, dass diese Anti-AfD-Kampagnen den kritisch hinterfragenden Menschen, die unentbehrlich in einer Demokratie sind, bedrohlich auf den Pelz rücken und, auch das muss nicht extra erwähnt werden, „Demokratie“ ad absurdum führen.

Emotional hatte ich als ich diese „Werbung“ in Händen hielt, noch nicht verarbeitet, dass diese Aktivitäten aus diversen Töpfen des Bundeshaushaltes finanziert werden – also von meinem Steuergeld. Will ich das? Ganz sicher nicht. Ebenso wunderte ich mich, wie diese doch wirklich entsetzlichen Messerangriffe mit Toten hinter der Empörung über die Zustimmung der AfD zum Antrag von Friedrich Merz zur Verschärfung der Asylgesetze verschwanden. Und wie es möglich ist, dass nur zwei Tage später Tausende „Anständige“ sich versammelten.

Wie geht das? Eine engagierte „Zivilgesellschaft“? Die den Faktenchecks von AfDnee vertraut? Das Projekt AfDnee beruft sich z. B. auf Quellen wie die Bertelsmann Stiftung oder unseren überparteilichen Verfassungsschutzpräsidenten Haldenwang,der sich den Vorwürfen der Parteinahme so entzieht: „Wir sind politisch neutral, aber nicht gegenüber denen, die gegen unsere freiheitliche Demokratie agieren und agitieren." Quellen also, die so zuverlässig sind wie der Blick meines Ferienhundes, der mir sagt, dass ich die schönste und klügste Frau auf der Welt sei, wenn ich ihm das Futter hinstelle.

Nur wenige Tage vorher hatte mich der Newsletter des Bochumer Schauspielhauses aufgeschreckt. Darin „bekennt (es) sich klar gegen Rassismus, gegen das bewusste Schüren von Ressentiments, gegen die Verbreitung menschenverachtender Hetze“. Und im Rahmen der „Brandmauerbande“ öffnet das Schauspielhaus jeden Montag von 17 -21 Uhr seine Türen für alle, „die für eine demokratische, solidarische Gemeinschaft aktiv werden wollen, oder die einfach einen safe space brauchen.....“


Aber was mich so aufregt und warum ich diese ganzen Aktivitäten als bedrohlich empfinde, hängt mit den Bildern in meinem Kopf zusammen.

Bei „safe space“ musste ich an die Biografie von Stefan Heym denken und wie er beschreibt, zu welchen heftigen Entrüstungen es kam nach der Veröffentlichung seines Gedichtes. Ich schildere das in meinem Aufsatz „Wege, die wir gehen“. Ich sehe vor meinem inneren Auge die Gaststätte mit aufgebrachten Menschen, wie ein zweiter Saal geöffnet werden musste und trotzdem hätten hunderte Menschen nicht herein gekonnt, wie sie wild gestikulieren, wie sie Schmähreden halten, wie geklatscht wurde. Könnte es im safe space beim Plakate basteln so ähnlich aussehen?

Eine aufgewühlte Menschenmenge macht mir Angst.

Zum ersten Mal habe ich das als Jugendliche erlebt, wenn in den damals so beliebten Western sich eine Menschenmenge zusammenrottete und verlangte, dass der Gefangene gehängt wird. Der war natürlich unschuldig. 

Ja, genau, so alt bin ich schon. Eine Oma. Deshalb finde ich die 'Omas gegen rechts' eine unbeschreibliche Schande! Liebe Altersgenossinnen, das ist dämlich, dämlich, dämlich!Aber egal ob Omas, Schauspieler oder Intendanten oder überhaupt Menschen von denen ich dachte, dass sie klug und/oder gebildet sind, sie merken anscheinend die kognitive Dissonanz nicht oder können sie gut aushalten. Frage: Wie macht ihr das – hier gegen 'rechts' auf die Strasse zu gehen und gleichzeitig ultrarechte Regime (Ukraine, Israel) zu unterstützen? Wenn ich den Text des Flyers lese, ist deutlch zu merken für wie dumm wir und die AfD-Wähler gehalten werden. Andererseits ist es einfach  bewundernswert, mit welchem Selbstbewusstsein und mit welcher Entschlossenheit da von sich auf andere geschlossen wird.


Aber trotzdem ----  Wo kann ich mich beschweren???



Wer sind die Initiatoren und Träger der Kampagnen? Auf der Website von AfDnee steht:

„Finanziert wird die Kampagne von der Zivilgesellschaft: vor allem Einzelpersonen haben uns bisher unterstützt und machen den Großteil der Spenden (ist ein Witz A.D.) aus, aber auch von Unternehmen, Stiftungen, Religionsgemeinschaften und Organisationen wie Jugendverbänden, kirchliche Einrichtungen, Gewerkschaften, Umweltverbänden, Sozialverbänden und aus den sozialen Bewegungen wird die Initiative unterstützt.“

Gestutzt habe ich bei diesem 'Hinweis':

„Aufgrund unserer deutlichen parteipolitischen Positionierung gegen eine einzelne demokratisch gewählte Partei – die AfD – wurde uns vom Finanzamt Frankfurt die Gemeinnützigkeit aberkannt. …..“


Ist doch interessant, welche Formulierung gewählt wurde. Demokratisch gewählte Partei? Deutliche parteipolitische Positionierung?   

Aber mit diesen letzten Demonstrationen ist auch der CDU ordentlich auf den Schlips getreten worden. Am 13.2.25 lese ich auf RT DE: „.CDU droht "gemeinnützigen Vereinen" der "'Demos gegen rechts"-Organisationen“. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, Mathias Middelberg, erklärte, „ dass die verantwortlichen Organisatoren der Proteste für ihn "parteipolitische Aktionen" initiierten.“....“Ein solches Agieren ist ganz sicher nicht mehr gemeinnützig und auch nicht förderungswürdig durch Steuermittel der Allgemeinheit". Und weiter erklärt er ganz demokratisch: „"Demonstrationen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus sind völlig okay. Doch Demonstrationen gegen die CDU und Friedrich Merz sind nicht mehr allgemein pro Demokratie, sondern schlicht parteipolitisch." Sind dann Demonstrationen gegen die unbestreitbar demokratisch gewählte AfD nicht auch schlicht parteipolitisch? Und sind eigentlich anti-demokratisch? (Ich frage für einen Freund)

Jedenfalls hat die CDU Ernst gemacht und gleich nach der Wahl eine 'Kleine Anfrage' mit 551 Fragen bei der Bundesregierung eingereicht.

Hier prägnant formuliert von Gert Ewen Ungar:

„Viele NGOs, das ist inzwischen völlig klar, sind vor allem Organisationen, die im Namen der Regierung handeln und auch ausschließlich deshalb unterstützt werden. Der Name Nichtregierungsorganisation ist falsch gewählt. In zahlreichen Fällen handelt es sich eher um staatliche Vorfeldorganisationen als um tatsächlich unabhängige Organisationen der Zivilgesellschaft.

(….)

Mit dem Förderprogramm "Demokratie leben" fördert das Ministerium nicht die Demokratie, sondern eine politische Agenda. Es fördert nicht die Vielfalt der Meinungen und die demokratische Diskussionskultur, sondern schränkt sie schon dadurch ein, dass auf höchster politischer Ebene entschieden wird, welche Projekte gefördert werden und welche nicht. Fakt ist, die Förderpraxis der Bundesregierung höhlt die Demokratie aus. Das gilt allerdings nicht nur für die scheidende Ampelregierung, sondern auch für die CDU.“

Gefragt wird in der „Kleinen Anfrage“ u.a.:

"Gibt es Kooperationen zwischen dem Verein Omas gegen Rechts Deutschland e. V. und parteinahen Stiftungen wie der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der Heinrich-Böll-Stiftung, der Friedrich-Ebert-Stiftung oder der Desiderius-Erasmus-Stiftung?", heißt es dort. Der Satz findet sich gleichlautend mehrfach im Text. Lediglich der Name des Vereins, zu dem um Auskunft gebeten wird, ändert sich. 

Während die parteinahen Stiftungen der Linken, der Grünen, der SPD und der AfD explizit genannt werden, fehlt die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung. Dabei betätigt sich auch die Konrad-Adenauer-Stiftung als verlängerter Parteiarm und fördert Organisationen mit einer entsprechenden CDU-kompatiblen Agenda. Sie unterscheidet sich im Kern nicht von den anderen parteinahen Stiftungen.“

Genau. So gut hätte ich das nicht zusammenfassen können.

Es gab natürlich zahlreiche Buh-Rufe auf seiten der Regierungspolitiker. Auf phönix wurde dann auch ein 'Experte', ein Professor von der Uni Kassel dazu befragt. Er fand den Zeitpunkt kritikwürdig. An weiteres erinnere ich mich nicht mehr, da meine Aufmerksamkeit völlig von seiner Formulierung „organisierte Zivilgesellschaft“ eingenommen wurde. Besser kann man die 'Arbeit' dieser Organisationen nicht benennen. Vor allem nicht unter Berücksichtigung der sich mir aufdrängenden Assoziation.

Und wegen des Zeitpunkts braucht man sich keine Gedanken zu machen. Die Regierung wird keine Zeit haben diese „Kleine Anfrage“ zu bearbeiten. Und dann wird es einfach vergessen. Für die Menschen, die in gutem Glauben für Demokratie auf die Strasse gehen, wird es allerdings Zeit ihr eigenes Tun und die Organisationen, denen sie hinterherlaufen, kritisch zu hinterfragen. Und vielleicht sollte man nicht gleich J.D. Vance' Aussagen ablehnen. Auf der Münchener Sicherheitskonferenz sagte er in seiner Rede, dass die Gefahr nicht von aussen kommt, sondern aus dem Inneren, wenn man Meinungsfreiheit einschränkt.

Einen Moment lang fühlte ich mich wie befreit, in der Hoffnung, dass das verstanden wird und die fürchterlichen Diffamierungen der Regierungskritiker nach fünf Jahren endlich vorbei sein könnten. Aber anscheinend setzt man eher die deutsch-amerikanische Freundschaft aufs Spiel, als hier zuzuhören. Und ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass ich mich weder bei Vance noch bei Trump beschwert habe.


Es ist nur menschlich, dass selbst die eigene Erkenntnis, dass man falschen Glaubenssätzen gefolgt ist, Ablehnung und Widerstand hervorruft. In jeder Psychtherapie ist das erlebbar. Aber früher oder später müssen die alten Überzeugungen losgelassen werden. Hoffentlich früher!