28. November 21


Selber denken in schweren Zeiten


Natürlich versuche ich mich umfassend zu informieren, auch wenn es mir in der Menge mal zu viel wird oder ich eine innere Schranke überwinden muss, ersteres bei den unabhängigen Medien wie die NDS u.a. und letzteres bei ARD und ZDF. Das ist aufwendig, aber für mich als Rentnerin leistbar. Nebenbei sei erwähnt, dass ich schon seit Jahren kein Zeitungsabo habe und auch nicht bei facebook und Co. unterwegs bin.

Das gibt mir manchmal das Gefühl diverse Informationen nicht zu haben. Dazu gesellt sich die Wahrnehmung des Mangels an „historischem Gedächtnis“ (Rainer Mausfeld) und von schlichten Bildungslücken. Damit meine ich, dass es mir bisher nicht gelungen ist Orwells „1984“ zu ende zu lesen, weil es mich zu sehr gruselte, oder „Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley überhaupt anzufangen. Dafür hat aber Siegfried Lenz' „Deutschstunde“ schon vor Jahren einen tiefen Eindruck auf mich hinterlassen.

Auf den Mangel an historischem Gedächtnis bin ich gestoßen, als mir, nachdem ich die erste Fassung des IfSG gelesen hatte, also vor mehr als einem Jahr, der wiederholte Begriff „wird ermächtigt“ auffiel. Und das auch noch laut sagte. Sofort wurde ich darüber aufgeklärt, wie unmöglich mein Vergleich wäre. Oh je. Peinlich, aber wahr – ich hatte gar nichts verglichen – ich wusste nichts über das Ermächtigungsgesetz. Ich hatte mich als Jugendliche, 1950 Geborene, geweigert diese „Mitschuld“ zu akzeptieren und mich nicht um die jüngere deutsche Geschichte mehr gekümmert.

Aber anstatt in Scham zu versinken, war ich froh und ein bisschen stolz, dass offenbar mein Gefühl funktionierte, dass ich die „Reibung“ wahrnahm. Ich denke, dass das das Tor zum Selber denken sein kann. 

Es gab da seit Beginn der erklärten Pandemie so die ein oder andere Ahnung, die ich mir nicht erklären konnte. So kam mir vor Monaten einmal beim Einkaufen das Wort „Kadavergehorsam“ in den Sinn. Fand ich merkwürdig. Schon im März 2020, als ich in einer langen Schlange vor dm stand, um die letzte Packung Klopapier zu erhaschen, fiel mir ein Werbeplakat im Schaufenster von Tschibo auf. Darauf stand „The Future starts now“. „Na, das wollen wir doch nicht hoffen!“ sagte ich zu der jungen Frau hinter mir, auf das Plakat zeigend. Da sie gerade sehr mit ihrem Handy beschäftigt war, schaute sie mich nur irritiert an.

Mehr als irritiert, nämlich beunruhigt, war ich von den ersten Reden der Bundeskanzlerin und des Bundespräsidenten. Der moralisch-emotional-dramatische Tonfall verursachte einen Druck in der oberen Magengegend. Immer wieder ging mir die Frage durch den Kopf „Auf was werden wir da eingeschworen?“

Ich glaube, dass wir Menschen unterschiedliche Dinge, Ereignisse, Worte haben an denen wir uns reiben, die ein Störgefühl hervorrufen. Zu meinen beiden letzten „Reibungen“ gehört das Interview mit Alena Buyx, Vorsitzende des Ethikrates, beim NDR vom 10.11.21 und da insbesondere die Formulierung: „Also ich bin eigentlich ganz optimistisch, wie sich unser Freiheitsverständnis verändert hat.“ Direkter und nicht darauf angewiesen Zwischentöne wahrzunehmen, war da der Kommentar von Sarah Frühauf bei den Tagesthemen am 21.11.21, wo sie u.a. den Ungeimpften antrug, sich zu fragen „welche Mitverantwortung sie haben an die wohl Tausenden Opfern dieser Corona-Welle.“

Geht's noch?

In einem sehr schönen Gespräch zwischen Walter van Rossum, Gabriele Gysi und Matthias Burchard auf Rubikon ist man u. a. der Frage nachgegangen, warum die Menschen so unterschiedlich „antworten“ auf die Ereignisse. Dabei sagte M. Burchhardt u. a. „dass es wohl eine tiefe Tätowierung der Seele gibt, die dann mitschwingt oder aussetzt.“ Wunderbares Bild!

Die tiefen Tätowierungen deute ich so, dass wir wissen, was Wahrheit, was Gerechtigkeit ist, aber zu Ahnungen geworden sind, die wir ernst nehmen oder auch nicht. Ich habe nun schon häufiger erlebt, dass Menschen etwas merkwürdig finden an dieser Situation, an dieser Corona-Politik, aber dem dann nicht nachgehen. Sollten sie aber.


Dafür möchte ich zwei Artikel von Felix Feistel auf Rubikon empfehlen: „Fremdbestimmt“ und „Das kollektive Stockholmsyndrom“. Der junge Mann, Jhg.1992, erfasst und formuliert darin sehr klar, wie unsere, mit meinen Worten angeborenen, natürlichen „Tätowierungen“, überprägt sind durch Erziehung und Gesellschaft.

Es gehört zu meinen Überzeugungen, dass wir Bewusstsein brauchen. Dringend! Wir brauchen weniger Achtsamkeit, weniger liebevollen Umgang miteinander. Wir brauchen mehr Selbstbewusstheit, ein mehr Hinterfragen der eigenen Gefühle und Handlungsmotivation. Da fängt Selber denken an. Erst dann kann es zu einer ehrlichen, Beziehung schaffenden Kommunikation kommen, können wir „Brücken bauen“. Erst dann kommt das Prinzip „es kommt auf jeden Einzelnen an“ zur Wirkung.

Hoffe ich.




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