Kreativität
"Jeder Mensch ist kreativ“. Wer kennt diesen Satz von Joseph Beuys nicht? Ich habe ihn immer so verstanden, dass jeder Mensch über eine schöpferische Kraft verfügt, die ursprünglich vorhanden ist. Manchmal kann man sie bei einem kleinen Kind spüren, das unbefangen und selbstvergessen malt, um des Tuns willen, nicht, um ein besonderes Bild zu produzieren.
Aber wir setzen diese Kraft nach meiner Auffassung oft auch im Alltag ein, z. B. dann, wenn eine Planung sich nicht umsetzen lässt und wir „umdenken“ müssen.
Das weiße Blatt, die Leinwand und vor allem Acrylfarben bieten die Möglichkeit auszuprobieren, zu experimentieren, Impulsen nachzugehen und es bei Nichtgefallen wieder zu übermalen. Und das möglichst nicht nach äußeren Vorgaben, sondern in einem inneren Dialog zwischen Maler und Leinwand bzw. dem sich entwickelndem Ausdruck.
Für mich wird das Blatt/die Leinwand damit zu einem Übungsfeld.

Natürlich biete ich Anleitung und Hilfestellung an. Wenn man sich auf neues Terrain begibt, kann der Anfang schwer sein. Und manchmal stockt es auch während der Arbeit. Ein Hindernis kann dabei sein, dass wir es gewohnt sind zu vergleichen, zu bewerten und bewertet zu werden, was leider schon in der Kindheit viel zu früh anfängt. Unser Handeln wird dann vom Ergebnis, vom Produkt bestimmt, das möglichst perfekt und ansprechend sein soll und vielleicht sogar noch eine Botschaft vermitteln soll.

Beim freien Malen ist der Prozess wichtig.

Im Prozess lernt man allmählich feste Vorstellungen loszulassen und immer mehr seinem ursprünglichen und natürlichen Form- und Farbgefühl, seinen Ideen, Impulsen zu vertrauen, d. h. sich selbst mehr zu vertrauen.
Der Weg zu den schöpferischen Quellen wird frei.

Letztendlich kommt es gar nicht auf das Bild an. Der innere Prozess, der geleistet wird, macht frei und ermöglicht kreatives Denken und Handeln in allen Lebensprozessen.
                                                                                       
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Zitate*:

Auf die Frage „Was sind für Sie Kreativitätskiller?“

Alexander Jeanmaire:
"Der Vater aller „Kreativitätskiller“ ist unser Verstand mit seinen einengenden, konditionierten Konzepten, Meinungen, Moralvorstellungen. Die Liste ist endlos: „Das geht nicht! Das kann ich nicht! Was bildest du dir eigentlich ein? Wer will das bezahlen? Ich würde schon, wenn.......In meinem Alter......usw. Um schöpferisch zu sein, muss man frei, weit offen, das heißt leer sein. Nach dem Motto: Alles ist möglich. Ohne Wenn und Aber. Aus dieser offenen Haltung heraus erblüht von neuem die Neugierde deines inneren Kindes, das in einem Stück Holz ein Flugzeug, in einem Kissen ein Tier und in einer Seifenblase das Gesicht einer Fee sieht."

Tremezza von Brentano:
"Egomanie,übertriebener Ehrgeiz, Gefallenwollen."


*aus: Jean-Peter Braun (Hg.) „Mysterium Kreativität“ , 2010 ars momentum Kunstverlag GmbH, Witten